Als ich um 10 Uhr in Guddas Pferdestätte eintraf, erwartete mich an der Haustüre ein markanter Spruch: "Wer hier herumlungert, ist noch nie verhungert!" Kurzes Schmunzeln, doch dann waren weitere mimische Äußerungen bzw. Gesichtsbewegungen unmöglich, denn schon nach einer Minute hatte ich ein leckeres Käsebrot im Mund, das mit frisch duftendem Kaffee heruntergespült wurde. Kartoffelsalat, Nudelsalat, Frikadellen, Kuchen, Windbeutel und weitere kulinarische Genüsse folgten im Lauf des Tages, so dass ich mich ernsthaft frage, ob (und wenn ja wann) heute eigentlich Pferdefußball gespielt wurde? Ein großes Lob an Guddas Pferdestätte, solche Bedingungen finden Pferde aus aller Welt nicht oft vor! Großes Lob auch an die Angestellten Uschi und Anne, die mit unermüdlichem Einsatz Fressensreste beseitigten, Geschirr spülten, Pferdeäpfel vom Boden entfernten und neues Fressen bereit stellten! Vielen Dank!
Aber auch sportlich wurde die Neuauflage des legendären Ostermontags 2015 zu einem vollen Erfolg! Der Einladung nach Augsburg folgten diesmal 12 Teams, davon 11 altbekannte Teilnehmer vom letzten Jahr und mit dem PFCP eine weibliche Newcomerin. Leider konnten der FCO, der FC TD und der PFCA diesmal nicht mitwirken.
Berichte über die teilnehmenden Mannschaften
1. FCS
Was für ein famoser Auftritt! Der altehrwürdige FCS zelebrierte den Pferdefußball, steigerte sich von Spiel zu Spiel in einen wahren Rausch. Die gegnerischen Pferde wirkten wie Slalom-Stangen, sie hatten den FCS-Angreifern wenig entgegenzusetzen. Selbst im Finale wirkten die alten Gäule noch geistig und körperlich fit, passten zielgenau und sprühten vor Spielfreude. Respekt an den Trainer, der das Team punktgenau auf das Turnier vorbereitet hat! Dabei begann alles wenig berauschend, als es nach 6 min im ersten Spiel 0:3 gegen den FCC stand und die Wettquoten für den FCS-Turniersieg ins Bodenlose sanken. Im Nachhinein wissen wir natürlich, dass auch dieser Schachzug ein Geniestreich des Trainers war: Erst die Gegner in Sicherheit wiegen, um dann unauffällig von hinten bis zum Titel durchzustarten! Gratulation!
2. Das weiße Ballett
Beim erst zweiten Turnier der Vereinsgeschichte zieht das Weiße Ballett ungeschlagen ins Endspiel ein. 13 Punkte sprechen für sich, so viele Punkte holte diesmal kein anderes Team. Dem Trainerfuchs gelang es verblüffend schnell, seiner Mannschaft taktisches Pferdefußball- Know-How in Kombination mit dem nötigen spielerischen Feinschliff zu vermitteln. Sollte die rasante sportliche Entwicklung so weitergehen, wird die diesjährige Endspielteilnahme keine Eintagsfliege sein. Man darf gespannt sein, wie das Weiße Ballett bei zukünftigen Turnieren mit der Belastung umgehen wird, von Anfang an zum Favoritenkreis zu gehören. Hier ist der Trainer mehr als Psychologe gefordert.
3. PFCU
„Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“ Was anglikanische Christen 1615 als die "Goldene Regel" prägten, ist auch für den PFCU eine Selbstverständlichkeit. "Ich will keine Tore kassieren, also schieße ich auch keine." Gleich 4 mal wendete das Team die Weisheit an und spielte jeweils 0:0! Merkwürdig bleibt nur, dass der PFCU ausgerechnet gegen die eigenen Kinder FCI und PFVL die "Goldene Regel"außer Kraft setzte und knapp gewann. Wie auch immer, der PFCU bleibt wie im Vorjahr die effektivste Mannschaft des Turniers. Mit nur 3 geschossenen Toren Dritter zu werden, ist sensationell! Bleibt natürlich die Frage, warum eine Mannschaft nicht den Cup holt, die nur ein einziges Gegentor im gesamten Turnier kassiert. Aber die Antwort steht ja bereits in der ersten Zeile!
4. FCI
Wie im Vorjahr wurde nur um Haaresbreite der Gruppensieg verpasst. Mit etwas Glück wäre das Endspiel drin gewesen. Die junge Truppe aus Baden überzeugt durch mannschaftliche Geschlossenheit und ein hervorragendes schnelles Umschaltspiel, so dass das Team stets gefährlich und vom Gegner kaum auszurechnen ist. Zudem ist der FCI taktisch bereits so versiert wie die alten Hasen des Pferdesports. Es verwundert nicht, dass der FCI neben dem Weißen Ballett das beste Torverhältnis aller Mannschaften aufweist! Der FCI erreichte zudem mit einem 4:0 den höchsten Sieg des gesamten Turniers. Man muss kein Experte sein um zu erkennen, dass auch in den nächsten Jahren kein Weg am FCI vorbeiführt, wenn man Titelambitionen hat.
5. PSVF
Zweifelsohne die schwerste Rolle, die man einnehmen muss, wenn der eigene Vater das Turnier gewinnt! Zum zweiten Mal dabei, zum zweiten Mal erfolgreich in der oberen Hälfte! Knapp das Halbfinale verpasst, dennoch sind die Pressevertreter immer nur im Zimmer nebenan, um den FCS zu interviewen.
Wenn der PSVF weiterhin so erfolgreich trainiert, zudem den "noch" übermächtigen Vater aus den Augen lässt, der eh bald in Rente geht, dann ist es keine Frage, dass der PSVF in Kürze um die Spitzenplätze mitspielt! Die Mannschaft hat enormes Potential, sie ist taktisch sehr versiert, wie man beim verdienten 2:1 im Endspiel um Platz 5 erkennen konnte. Wohl einer der Geheimfavoriten für den Turniersieg im nächsten Jahr!
6. PFVL
Nach der überaus erfolgreichen Saison 2015, die durch die Finalteilnahme gekrönt war, lastete ein hoher Druck auf der Trainerin und ihrem Team. Noch am Vorabend wurde bei der Pressekonferenz vehement darauf hingewiesen, dass das Ziel nicht der Titel, sondern "ein Platz in der oberen Hälfte" sei. Die Worte zeigten Wirkung, die Mannschaft spielte befreit auf und erreichte mit Platz 6 das gesteckte Ziel. Was man dabei vergisst: Hätte der PFVL den FCS geschlagen, wäre das Team erneut im Finale gestanden! Und das durchaus zurecht, denn die technisch versierten Spielerinnen glänzten nicht nur durch Teppichzauber und weibliche Eleganz, sondern brachten sogar das Kunststück fertig, als einzige Mannschaft des Turniers gegen den PFCU ein Tor zu schießen!
7. FCC
Würden alle Spiele nach 5 min abgepfiffen werden, der FCC wäre mit sagenhaften13 Punkten wieder im Endspiel gestanden! Leider dauert ein Spiel 10 min und die greisen und übergewichtigen Pferde schaffen es nicht mehr, über die komplette Spielzeit Vollgas zu geben. Kein Zufall, dass man ausgerechnet gegen die jungen Teams des PFVL und La Bestia Negra jeweils in der Schlussphase verlor. Der Vorjahressieger FCC enttäuschte spielerisch keineswegs, konnte sogar den Cupsieger FCS als einziges Team besiegen! Will man jedoch dauerhaft konkurrenzfähig bleiben, muss dringend an der Kaderverjüngung und an den konditionellen Defiziten gearbeitet werden!
8. FCE
Tja, der FCE? Ihn zu beobachten war am Schwierigsten für mich von allen Teams! Wenn ich ihn sehen wollte, spielte ich parallel selbst. Wenn ich ihn sprechen wollte, saß der Trainer am Handy. Die Truppe hat großes Potential, keine Frage, im Vergleich zum Vorjahr wurde diesmal gegen alle auf Augenhöhe agiert! Eigentlich nur knappe Ergebnisse! Sollte es dem Trainer gelingen, seine Handy-Leidenschaft zu begrenzen und spielfreie Pausen eher zur Gegnerbeobachtung zu nutzen, dürfte die sportliche Entwicklung weiter voran gehen. Die Pferde wollen und können, keine Frage, wer 3 von 5 Spielen in der Gruppe nicht verliert, hat Qualität! Also, Handy weg während dem Turnier, Gegner studieren, taktische Rafinessen vom Gegner abgucken, dann ist noch deutlich mehr drin, denn die Pferde des FCE sind top und willig!
9. FCDJ
Ein einstelliger Tabellenplatz wurde anvisiert, der 9. Platz wurde erreicht, Ziel erreicht! Wäre mehr drin gewesen, wenn das Team nicht ausgerechnet an diesem Tag verschlafen hätte? So traf es erst kurz vor dem Anpfiff ein und musste unaufgewärmt und mit leerem Magen ins Turnier einsteigen. Dennoch zeigte das völlig neu zusammengestellte Team deutliche Verbesserungen im Vergleich zum Vorjahr. Noch eindrucksvoller als die sportliche Entwicklung ist die integrative Leistung des FCDJ-Trainers, dem etwas gelingt, wovon Politiker nur träumen können. Die multikulturelle Truppe des FCDJ besteht großteils aus Pferden, die bei anderen Vereinen nicht einmal zum Probetraining erscheinen dürften. Hier spielen Pferde, die woanders sportlich keine Chance hätten, Pferde aus der Märchenwelt, Pferde, bei denen nur der Name nach Pferd klingt (Nilpferde etc.). Alle bekommen hier ihre Chance, sie fühlen sich wertgeschätzt und "gebraucht" und sie danken es mit Hingabe und Leidenschaft, wovon andere Teams nur träumen können!
10. La Bestia Negra
Wie bereits im Vorjahr zeigte "La Bestia Negra", damals noch unter dem Namen SGG bekannt, eine exzellente Abwehrleistung. Nur der PFCU kassierte in der Gruppe A weniger Gegentore. Leos Team hat sich im Vergleich zum Vorjahr enorm weiterentwickelt, die Handschrift des Trainers ist deutlich zu erkennen. Der 10. Tabellenplatz am Ende täuscht: Hätte "La Bestia Negra" nur 1 Tor mehr geschossen und aus einem Unentschieden einen Sieg gemacht, wäre das Team in dieser engen Gruppe nicht fünfter, sondern Gruppenzweiter geworden. Wenn die hungrige Truppe weiterhin konzentriert arbeitet und mit Elan die Trainingseinheiten absolviert, ist mit Leos Team im nächsten Jahr im Spitzenfeld zu rechnen.
11. PFCP
Neben dem PFVL betrat heute eine zweite weibliche Pferdefußballmannschaft die berühmten Teppichwelten Augsburgs. Die lange Zeit nur von Männern zelebrierte Sportart findet beim weiblichen Geschlecht zunehmend Gefallen und Anerkennung. Die sportlich noch völlig unerfahrene Außenseiterin des Turniers verblüffte von Anfang an durch den couragierten und respektlosen Auftritt ihrer Pferde. Mit lauteren und unlauteren Methoden bekämpfte sie die Traditionsteams und schlug sich dabei sehr achtbar. Dem eigenen Vater und späteren Finalisten trotzte sie einen Punkt ab, das Endspiel um Platz 11 gewann sie nach spannenden 10 Minuten. Respekt! Paula geht als jüngste Teilnehmerin eines Pferdefußball-Turniers in die Geschichtsbücher ein!
12. SM
Der Tabellenplatz täuscht! Die Sportpferde Martin agierten weitgehend auf Augenhöhe mit den anderen Teams, alle Spiele waren sehr knapp und bis in die Schlussminuten umkämpft. Die Mannschaft, die sich ausschließlich aus FCC-Pferden der zweiten und dritten Reihe rekrutierte, trotzte dem Turnierdritten PFCU ein 0:0 ab und verlor gegen den Cupsieger FCS denkbar knapp mit 1:2. Will man mittelfristig sportlich weiter vorankommen, ist es allerdings dringend geboten, eine eigene Mannschaft zu besitzen. Nur mit "Söldnerpferden" des FCC wird sich der Trainer schwer tun, die nötigen 100% Leidenschaft aus der Mannschaft herauszukitzeln.